Wir haben Platz! Safe Passage for all!

Erleben wir gerade angesichts des Krieges in der Ukraine eine Wende in der Migrationspolitik, die dringend und bitter nötig war? Menschen können ohne große Hürden ein- und z.B. umsonst in Zügen der Deutschen Bahn weiterreisen, ohne die sonst notwendigen und langwierigen bürokratischen und oft willkürlichen Prozesse durchlaufen zu müssen – wie es zum Beispiel bei der Evakuierung von gefährdeten Menschen aus Afghanistan an der Tagesordnung ist. Europäische Länder, allen voran Deutschland und Frankreich, bereiten Gesetzesänderungen bereit, wie unbürokratisch der 90-Tage-Aufenthalt ohne komplizierte Asylverfahren in einen Aufenthaltstitel von bis zu 3 Jahren umgewandelt werden kann. 

Wir als Seebrücke München begrüßen und bestärken all diese Schritte. Und wir bauen darauf, dass es in diesem Fall nicht bei Beteurerungen und Versprechungen bleibt wie letztes Jahr bei der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Dort wurde die humanitäre Aufnahme erst in großen Stil angekündigt wurde, jedoch schon kurz später bei nachlassendem medialen Interesses nicht mehr verfolgt wurde und bis heute sogar Bemühungen aus der Zivilgesellschaft behindert und blockiert werden. 

Die EU zeigt gerade wie die Aufnahme von Menschen in Not auch funktionieren kann und sollte. 

Gleichzeitig wird dadurch eines klar: Die europäische Grenzpolitik war und ist rassistisch:

– Ob es sich um BI*POC handelt, die nun am Einstieg in Züge oder dem Grenzübertritt in Nachbarstaaten der Ukraine gehindert werden, obwohl es sich auch bei ihnen um Flüchtende aus der Ukraine handelt, 

– oder um People on the move aus Afghanistan und Syrien die weiterhin nicht aus der tödlichen Grenzregion an der polnisch-belarussischen Grenze weiterreisen dürfen oder illegal zurückgeschoben werden, 

– oder gefährdete Menschen aus Afghanistan, die sich mit der Aufmerksamkeitsverschiebung der internationalen Gemeinschaft auf den Ukraine Konflikt nun ungeschützt der intensivierten Verfolgung durch die Taliban – u.a. mit großangelegten nationalen „clearing  operations“ – konfrontiert sehen, 

– oder Menschen die weiterhin ohne eine staatliche Seenotrettung im Mittelmeer ertrinken: 

All diese Menschen standen in den letzten Jahren und stehen auch weiterhin vor militärisch aufgerüsteten und verschlossenen Grenzen. 

Durch bordermonitoring der letzten Jahre ist auch klar geworden wie tödlich militärische Aufrüstung ist. Auch deshalb verurteilen wir, dass Staaten wie Deutschland den Krieg in der Ukraine als Begründung für weitere Aufrüstung instrumentalisieren. Die berichteten 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr können und müssen verwendet werden, um in diplomatische und deeskalative Bündnisspolitik zu investieren und transnationale solidarische Strukturen zu schaffen, die jetzt gerade im Aufbau befindlichen Aufnahmestrukturen könnten hierzu Modell stehen, ganz zu Schweigen von vielen anderen drängenden Problemen wie der Klimakrise, bei Bildungspolitik und Gesundheitswesen.

Wir fordern deshalb: 

    Es braucht eine kurzfristige, visafreie, unbürokratische Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine – auch für Personen ohne ukrainischen Pass – und einen Abschiebestop.

    Die bestehenden und entstehenden Strukturen zur Evakuierung und Aufnahme von vor dem Krieg in der Ukraine fliehenden Menschen müssen darüber hinaus genutzt werden, um endlich die Menschen aus den Lagern an den europäischen Außengrenzen, aus dem Grenzgebiet Polen-Belarus, aus Afghanistan und aus den Folterlagern in Libyen zu evakuieren und in Sicherheit zu bringen und aus Seenot geretteten Menschen aus dem Mittelmeer eine Aufnahme zu ermöglichen.

Was zivilgesellschaftliche Bewegungen wie die Seebrücke schon lange sagen, gilt nun umso mehr: 

Leave no one behind!

Don’t forget Afghanistan

Safe passage!

Wir haben Platz!

    

Mehr zum Thema zum Beispiel hier: https://taz.de/Europas-Fluechtlingspolitik/!5835227/