Sichere Hafenstadt München – mehr Transparenz ist notwendig

Zum offenen Brief der Grünen/Rosa Liste und der Antwort des Oberbürgermeisters

Vorab: Wir – die Seebrücke München – begrüßen, dass der Sozialausschuss des Münchner Stadtrats am 18.7.2019 endlich beschlossen hat, der Koalition von inzwischen über 70 Städten und Landkreisen ‚Städte Sicherer Häfen‘ beizutreten. Wir sehen das als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig betrachten wir als Seebrücke München den jetzigen Beschluss kritisch, da dieser wenig Konkretes vorsieht. Unter anderem findet eine der Kernforderungen der bundesweiten zivilgesellschaftlichen Bewegung Seebrücke darin keinerlei Beachtung: die Verpflichtung zur Transparenz in der Umsetzung des Beschlusses. Wir halten es für wichtig, neben Stadtratskolleg*innen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen genauso die Bürgerinnen und Bürger der Stadt an solchen Prozessen teilhaben zu lassen.

Die mangelnde Transparenz drückt sich in einem öffentlichen Antwortbrief des OB Dieter Reiter an die Fraktion Die Grünen – rosa liste vom 10.10.19 aus. Nachdem bis Ende September keine Reaktion der Stadtspitze und Verwaltung zu den im Juli beschlossenen Maßnahmen bekannt war, wandte sich die Fraktion Die Grünen – rosa liste in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister. Erst im Antwortschreiben auf diesen offenen Brief äusserte der OB sich erstmals öffentlich zur Umsetzung des Beschlusses.

In dem Antwortschreiben führt er aus, dass er am 30. Septemeber stellvertretend für den Münchner Stadtrat die sogenannte Potsdamer Erklärung unterzeichnete und damit den Eintritt ins Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ vollzog. Ebenso, dass er sich schriftlich an den Bundesaußenminister wandte, um sich für eine Entkriminalisierung der zivilen Seenotrettung und eine sofortige Intensivierung der europäischen Seenotrettungsmission einzusetzen, und dem Bürgermeister von Palermo die logistische und organisatorische Unterstützung der Landeshauptstadt München sowie einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch anbot.

Wir begrüßen diese Positionierung der Stadt München selbstverständlich! Wir begrüßen es außerordentlich, dass eine Vertreterin der Stadt München an der Konferenz des Bündnis „Städte Sichere Häfen“ am 1. Oktober 2019 teilgenommen hat und der Oberbürgermeister die konkrete Bearbeitung der noch zu klärenden Antragspunkte bis Ende des Jahres zugesagt hat. Wir fragen uns trotzdem, warum unser Oberbürgermeister der anfragenden Fraktion in seinem Antwortschreiben in einem fast beleidigten Ton „vorschnelle Urteile“ und „Desinformation“ vorwirft und vorbringt, dass deren „politischen Gedächtnis auf die Sprünge“ geholfen werden müsse.

Wir möchten an dieser Stelle – unabhängig von den parteipolitischen Auseinandersetzungen – deutlich machen, dass wir es vollkommen unverständlich finden, dass bis zum Antwortbrief des OB nicht einmal die antragstellenden Fraktionen geschweige denn zivilgesellschaftliche Akteur*innen über die geplanten und durchgeführten Aktivitäten der Stadtverwaltung und -regierung zum Thema „Sicherer Hafen“ informiert wurden.

Warum erfährt die Öffentlichkeit nicht von solchen progressiven Entwicklungen? Warum werden relevante Akteur*Innen nicht mit einbezogen? Warum bedarf es erst hitzigen, öffentlichen „Beschuldigungen“ ehe etwas an die Öffentlichkeit dringt? Mit einem Mindestmaß an Transparenz wären die in dem offenen Brief der Fraktion Die Grünen – Rosa Liste gestellten Fragen gar nicht aufgekommen. Wir halten – obwohl inhaltlich in Teilen zufriedenstellend – die Form des Antwortbriefs daher für vollkommen unangemessen, und fordern für die Zukunft ein transparentes Handeln und die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Umsetzung des Beschlusses zum Sicheren Hafen.Wir appellieren an alle im Stadtrat vertretenen progressiven Parteien, auch in Zeiten des Wahlkampfes gemeinsam, transparent, konstruktiv und auf Augenhöhe mit engagierten Gruppen und Personen wie dem Solidarity City Bündnis an der konkreten Umsetzung der Vision von München als „Sicherer Hafen“ zu arbeiten. Denn das Sterben an den EU-Außengrenzen geht derweil ungebremst weiter. Jeden Tag.

21.10.19

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