Bremen liegt am Mittelmeer!
Offener Brief an das Seenotrettungs- und Koordinationszentrum Bremen (MRCC Bremen)
Hunderte Menschen in Seenot – Europa und die Seenotleitung Bremen unterlassen Hilfeleistung
Die Lage ist bekannt: Wieder ertrinken Menschen im Mittelmeer, während Europa tatenlos zuschaut. Das MRCC Bremen hätte seiner Verantwortung am vergangenen Osterwochenende gerecht werden können, blieb aber tatenlos!
Anstatt die Aufgabe einer Seenotrettungsleitstelle wahrzunehmen und die Rettung von mehreren Booten in Seenot im zentralen Mittelmeer zu koordinieren, schiebt das MRCC Bremen Dienstanweisungen vor und verweist an das Auswärtige Amt. MRCC Bremen gibt RCC Malta als verantwortliche Stelle an, in dem Wissen, dass von dort keinerlei Rettungsaktion initiiert wird. Die Folge ist, dass eine mögliche Rettung verzögert wird und die Menschen wissentlich in Lebensgefahr gebracht werden.
Ein Rückblick auf die Ereignisse:
Am Donnerstag, den 9. April, erklärte Malta, keine Rettungen im Mittelmeer mehr durchzuführen oder Geflüchtete aufzunehmen – wenige Tage nachdem Italien schon verkündete, sie könnten für Geflüchtete keine „sicheren Häfen“ bieten.
Seit Karfreitag waren dem Alarm Phone zwei Seenot-Fälle bekannt. Bis Samstagmittag kamen zwei weitere dazu: Es waren nun knapp 250 Menschen in Seenot. Das Alarm Phone informierte die zuständigen Behörden in Italien und Malta regelmäßig per Email über die aktuellen Positionen. Da die genannten zuständigen Leitstellen entweder telefonisch nicht erreichbar waren oder jegliche Informations-Weitergabe verweigerten, adressierte das Alarm Phone alle europäischen Seenot-Rettungsleitstellen in einer Email – so auch die deutsche Vertretung in Bremen.
Das MRCC Bremen erhielt am Samstagabend die Information, dass sich knapp 250 Menschen in Seenot befanden, für drei der 4 Boote wurden Positionen übermittelt. Der Kontakt zu einem Boot mit 85 Personen war zu schnell abgebrochen, um eine GPS Position zu erhalten.
Auf telefonische Nachfrage am Sonntag hin verwies das MRCC Bremen als angeblich einzige Handlungsoption darauf, die Informationen dem Auswärtigen Amt weiterzuleiten, damit dort entsprechende Maßnahmen ergriffen werden könnten. Dies sei eine Dienstanweisung und alles, was sie tun könnten.
Daraufhin wurde das Auswärtige Amt auch durch das Alarm Phone kontaktiert. Die erste Rückfrage der Mitarbeitenden war, ob es sich bei den Verunglückten um deutsche Staatsbürger handle – völlig vorbei an der Seenotrettungskonvention, nach der Menschen unabhängig von ihrer Nationalität gerettet werden müssen.
Auch nach mehreren Nachfragen konnte Daniel Böhm, aktiv beim Alarm Phone, keine konkrete Aussage zur möglichen Verantwortungsübernahme durch das Auswärtige Amt erhalten. Daniel Böhm ist überzeugt, dass das Auswärtige Amt nicht die richtige Instanz ist, um Seenotrettungsfälle zu koordinieren, es fehlen schlichtweg die Mittel: „MRCC Bremen könnte zum Beispiel eine INMARSAT-C-Nachricht an deutsche Schiffe, aber auch an andere Schiffe, die dort in der Region verkehren, verschicken. Das kann das Auswärtige Amt nicht.“
Die unterlassene Hilfeleistung des MRCC Bremen ist völlig unangemessen. Weder die Informationsweitergabe an das Auswärtige Amt noch eine behauptete Verantwortungsübernahme durch Malta kommen einer Rettung der verunglückten Menschen nahe.
„MRCC Bremen hätte direkt RCC Malta kontaktieren und sichergehen müssen, dass die Menschen aus Seenot gerettet werden. Solange keine Rettung von den verantwortlichen Stellen vor Ort in Aussicht steht, müssen sie selbst weitere Schritte unternehmen. Ein informiertes MRCC ist erst dann von seiner Pflicht entbunden, Rettung zu koordinieren, wenn ein anderes MRCC den Fall übernommen hat. Bremen macht sich der unterlassenen Hilfe schuldig“, so eine Aktivistin vom Alarm Phone.
„Es ist ja nicht so, als könnte die Seenotleitung Bremen keine SAR-Missionen außerhalb von Nord- und Ostsee koordinieren. Es sollte diese wertvolle und wichtige Fähigkeit nutzen und Menschen retten, für die kein anderes MRCC Zuständigkeit übernehmen will. Seenotrettung darf nicht vom Pass abhängen!“ betont Lilli Funke von der Seebrücke Bremen.
Von den knapp 250 Menschen, die am Oster-Wochenende gegen die Festung Europa anfuhren, haben 12 ihr Leben verloren. Die Menschen, die das bezeugen können, wurden unrechtmäßig nach Libyen abgeschoben. Sie werden die Bilder ihrer Fahrt gen Europa wohl nie vergessen. Und sie werden wieder fahren, denn sie habe keine andere Wahl. Die 12 Menschen könnten noch am Leben sein, wenn RCC Malta schon am frühen Morgen des Samstag auf die Notrufe reagiert hätte. Oder, wenn MRCC Bremen am Samstagabend ihrer Verantwortung nachgekommen wäre und die Suche veranlasst hätte.
MRCC Bremen, wir fordern Sie auf, Ihrer Verantwortung für in Seenot geratene Menschen in Zukunft gerecht zu werden. RCC Malta und MRCC Rom werden weiterhin auf ihren erlassenen, wenngleich illegalen Dekreten beharren und ihre Häfen geschlossen halten. Sobald Sie als Seenotleitzentrale in Bremen von Notfällen in Kenntnis gesetzt werden, müssen Sie handeln und sind für die Rettung der Menschen verantwortlich!
In den nächsten Wochen werden wieder Menschen in unsichere Boote steigen und gegen die Mauern der Festung Europa anfahren. Es ist auch Ihre Verantwortung, dass diese Menschen in einen sicheren Hafen gebracht werden.
Gerade jetzt brauchen 43 Menschen, die von der Crew der Aita Mari am 13. April an Bord genommen wurden, nachdem die Behörden über 60 Stunden lang keine Rettung einleiteten, einen sicheren Hafen.
Auch an Bord der Alan Kurdi befinden sich seit dem 6. April 149 aus Seenot gerettete Menschen. Drei von ihnen mussten in der Nacht auf den 16. April, nachdem es einen Suizidversuch an Bord gab, evakuiert werden. Somit befinden sich knapp 200 Menschen an Bord von zivilen Rettungsschiffen und müssen dringend in einen sicheren Hafen gebracht werden.
Und Bremen ist ein solcher sicherer Hafen! Von vielen Seiten wurde dies bereits bestätigt. Nun müssen Worten Taten folgen.
MRCC Bremen: Seid Teil einer solidarischen Stadt!
#LeaveNoOneBehind #DontLetThemDrown #SichererHafen
Liste der Erstunterzeichner*innen:
Alarmphone Bremen Watch The Med – Alarmphone
Seebrücke Bremen
BIPoC Bündnis Bremen
Ende Gelände Bremen Ende Gelände Bremen
Flüchtlingsrat Bremen Flüchtlingsrat Bremen
Matapacos Bremen: Acción Solidaria Matapacos Bremen:Acción Solidaria
Solidarity City Bremen Bremen United in Solidarity
Together We Are Bremen Together we are Bremen / Shut down Gottlieb Daimler Straße Camp
iuventa10 Iuventa10
Mission Lifeline MISSION LIFELINE
RESQSHIP RESQSHIP
Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM)
Bayerischer Flüchtlingsrat Bayerischer Flüchtlingsrat
Münchner Flüchtlingsrat Münchner Flüchtlingsrat
Solidarity City München Solidarity City München
Seebrücke Berlin Seebrücke Berlin
Seebrücke Dresden Seebrücke Dresden
Seebrücke Erfurt Seebrücke Erfurt
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